Tourplanung

Der Wanderer machts, der Skitourengeher auch und der Expeditionsbergsteiger sowieso.
Die Rede ist von der Tourplanung.

Klingt prinzipiell nach wenig Spaß. Die Trails mit dem Finger auf der Landkarte abzufahren, erhöht die Vorfreude jedoch gewaltig. Eine schlechte Planung hingegen kann dem praktischen Fahrspaß ziemlich hinderlich sein.

Rahmenbedingungen

Neben der ganz konkreten Routenplanung gilt es ganz allgemeine Aspekte zu berücksichtigen.

  • Anfahrt
    Hat man sich für eine Region oder einen bestimmten Berg entschieden, stellt sich die Frage, wie man hinkommt. 200 km Anfahrt für eine Tagestour sind einerseits unspaßig, denn die Rückfahrt ist schließlich genau so lang. Andererseits sollte man auch den Faktor Umwelt berücksichtigen.
    Wenn das Ziel jedoch absolut fix ist, empfiehlt es sich bei größeren Entfernungen gleich eine mehrtägige Aktion zu starten und die Mitfahrer ins eigene Auto einzuladen. Das senkt die Kosten und erhöht den Unterhaltungswert der Fahrt ungemein  (wobei öffentliche Verkehrsmittel auch in Betracht gezogen werden sollten).
  • Gruppengröße
    Zu groß sollte die Gruppe aber auch nicht werden. Nach unseren Erfahrungen sind Gruppen mit mehr als 6 Leuten eher ungünstig. In kleineren Gruppen ist man schneller unterwegs, hinterlässt weniger Spuren, verringert das rein statistische Pannen- und Sturzrisiko und kann anderen Wegnutzern einfacher Platz machen oder sie passieren lassen.
  • Hotspots meiden
    Apropos Wanderer: Berge, die gut mittels Seilbahnunterstützung bestiegen werden können sind für Wanderer ein ebenso lohnenswertes Ziel, wie eine gut ausgebaute Hütteninfrastruktur. Der Reiz des Letzteren bei Bikern natürlich ebenso vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit einer Wandererbegegnung lässt sich dann nur noch durch geschickte Zeitplanung (sehr früher oder später Start) minimieren.
    Der Wanderer mag eben gemütlich durch die Natur schlendern und der Bikebergsteiger will ja auch nicht alle 5 Meter stehen bleiben, um die nächste Wanderergruppe vorbeizulassen.
  • Wetter
    Zu Saisonanfang und -ende ist die Schneelage immer ein wichtiger Aspekt. Anhand von Webcams (s. Webcam Galore oder BergRuf.de) kann man sich ein gutes Bild machen, falls für die gewünschte Region keine handfesten Daten zur Verfügung stehen. Für die Schweiz kann man ansonsten z. B. auf die Schnee- und Lawineninfo von SLF verweisen.
    Rückt der Ausflug schließlich in greifbare Nähe, sollte man auf jeden Fall die aktuellen Wetterprognosen berücksichtigten und schon im Voraus das Risiko minimieren von einem Gewitter überrascht zu werden. Bei Schlechtwetter auf 2.000 m findet der Spaß schnell sein jähes Ende. Erwischt es einen unterwegs, ist es schlimmstenfalls besser die Tour abzubrechen, als sich auf dem Gipfel Sturm, Hagel und Blitzschlag auszusetzen!

Routenplanung

Das Ziel ist festgelegt und ein paar Freunde sind auch noch dabei. Prima! Und jetzt? Karte rausholen und genau planen, das heißt Auffahrt bzw. Aufstieg und Abfahrt festlegen. Das eine mit dem anderen zu kombinieren liegt zwar nahe, ist aber in der Regel nicht so einfach.

  • Fahren u. Tragen
    Meistens ist es am einfachsten auf einer Forststraße soweit es geht, hochzufahren und den Rest des Aufstiegs mit dem Bike auf den Schultern zu bewältigen.
    Auf einem steilen, direkteren Wanderweg kann man zu Fuß aber auch schneller Höhenmeter machen, als auf einem sich lange windenden Forstweg. Das Zeitfenster und die persönlichen Vorlieben entscheiden hier.
  • Wegverlauf
    Wanderwege, die parallel zu den Höhenlinien verlaufen, sehen zwar auf der Karte schön aus, können sich in der Praxis aber als äußerst unangenehme Quälerei entpuppen. Kletterstellen bergauf wie bergab und in den Weg hineingewachsene Latschen können dafür sorgen, weder fahrend noch tragend bequem vorwärts zu kommen. Die geplante 1.000 Hm Tour fühlt sich dann auch schnell wie eine 1.500 Hm Tour an. Dies gilt insbesondere auch für Kamm- und Gratwege.
  • Stichtour
    Wenn man wegen der Abfahrt auf Nummer Sicher gehen möchte, bietet sich eine Stichtour an. So kann man bereits während des Aufstiegs den Weg begutachten, die Abfahrtszeit besser einschätzen und gegebenenfalls auf eine Alternative ausweichen.

Der Abfahrtsweg ist natürlich besonders wichtig. Speziell der Untergrund, die Hangrichtung, das Streckengefälle, die allgemeine Hangneigung, markante Passagen und, und, und … aber der Reihe nach:

  • Untergrund
    Der Untergrund hängt erst mal von der Höhenlage ab. Unterhalb der Baumgrenze (bei ca. 1.800  m) findet man in der Regel erdigen Boden vor, evtl. von ein paar Felsstücken oder Wurzeln durchbrochen. Nach oben hin nimmt dann der steinige Anteil zu. Entweder trifft man auf sehr groben Schotter – was ein kontrolliertes Fahren durchaus verhindern kann, oder es wird richtig felsig.
    Wir sind auf Touren oft erstaunt darüber, wie gut ein entsprechender Reifen auf rauhem, felsigem Untergrund hält. Ist der Fels dagegen „speckig“, also abgegriffen und rutschig, sollte man sich das mit dem Fahren lieber noch mal überlegen.
  • Exposition
    Auch die Ausrichtung des Hanges (Nord, Süd, usw…) spielt je nach Wetter eine Rolle. Nordseitige Abfahrten bleiben nach Regenfällen deutlich länger feucht und daher rutschig.
    Zudem hinterlässt ein Reifen auf aufgeweichten Erdboden mehr Spuren als auf harten Untergrund. Im Umkehrschluss heißt das aber nicht, dass südseitige Hänge immer angenehmer befahrbar sind. Wer im Latschengürtel bei gefühlten 45° merkt, wie der Wasservorrat immer mehr zur Neige geht, weiß was gemeint ist.
  • Gefälle
    Je nach Maßstab und Kartengüte ist es wirklich schwierig, einzuschätzen wie steil der Weg abschnittsweise tatsächlich ist. Wenn die Höhenlinien dicht beieinander liegen, erhält man zwar Aufschluss über die durchschnittliche Hangneigung, kann oftmals jedoch schlecht ablesen, ob und in welchem Maße das Gefälle durch Spitzkehren entschärft wird. Von Klettersteigsymbolen einmal abgesehen.
    Es kann also durchaus vorkommen, dass man im steilen, hochalpinen Gelände auf einen – zwar technisch anspruchsvollen, mit vielen Steilstücken versehenen – Weg trifft, der durch etwas flachere Passagen trotz allem bestens fahrbar ist. Andererseits kann es genauso vorkommen, dass der gesamte Weg nur durch extreme Steilheit glänzt und man keine Sekunde lang die Finger von der Bremse lassen kann.
    Das berühmte „Flow“-Gefühl kommt hier eher nicht auf. In solchen Fällen sind Internetseiten (z. B. tourentipp.de oder hikr.org) hilfreich. Auf Wander-Websites bekommt man einen guten Eindruck darüber, wie die Tour von anderen Bergnutzern empfunden wird und findet eventuell Fotos von besonderen Kernstellen oder zumindest Bildmaterial zum Wegcharakter und Untergrund.
  • Sich richtig einschätzen
    Zu guter Letzt: Kondition und Können einschätzen! Das Zusammenspiel von eigener Fahrtechnik und Wegbeschaffenheit lässt sich nur schwer erfassen. Allgemein sollte man aber auf alles gefasst sein und lieber mal eine knackige Stelle auslassen, der Arzt ist schließlich im Tal und nicht oben auf dem Berg.
    Sehr wichtig ist es auch, sich beim Aufstieg nicht komplett zu verausgaben und noch ein paar Körner für die Abfahrt übrig zu lassen. Denn diese kostet noch mal einige Kraft und hohe Konzentration!
    Deshalb sollte der Tourumfang der Kondition und dem Fahrkönnen des schwächsten Gruppenmitglieds angepasst werden. Ein Dreitausender ist zwar durchaus attraktiv. Wenn man jedoch erst am Gipfel merkt, dass Kondition oder Können für eine sichere Abfahrt nicht mehr ausreichen, hätte man das Bike auch gleich daheim lassen können.
    Infos zu den Aufstiegszeiten finden sich übrigens auch im Internet. So geben z. B. die Berghütten meistens Zustiegszeiten zur Hütte selber und zu attraktiven Zielen der näheren Umgebung an.

Foto: Florian Strigel | Fahrer: David Werner